Anfang April entdeckten die Krippenkinder auf dem Weg von der Turnhalle in die Krippe eine Amsel, die aufgeregt vor dem Kinderwagenabstellraum herumhüpfte und schimpfte. Plötzlich verschwand der schwarze Vogel dorthin. Interessiert schauten wir nach und siehe da – hoch oben auf den dort gelagerten Sonnenschirmen entdeckten wir ein Vogelnest. Die Amsel flog wieder davon und kam mit Grashalmen im Schnabel bald wieder. Als das Nest wieder leer war, haben wir mit einer Handykamera ein Foto vom Nest gemacht. Vier wunderschöne, türkisfarbene Eier lagen bereits im Nest. Das Amselweibchen nahm noch am selben Tag ihr Brutgeschäft auf. Frau Hafner beauftragte den Elektriker eine Kamera zur Beobachtung über dem Nest zu installieren. Über einen kleinen, transportablen Bildschirm hatten nun alle Kinder im Haus die Möglichkeit, die Amsel zu beobachten.
Richtig spannend wurde es, als nach zwei Wochen die Küken geschlüpft sind. Noch war nicht genau zu erkennen, wie viele Küken von den Vogeleltern versorgt werden wollten. Erstaunlich, wie schnell die Küken herangewachsen sind. Nach der ersten Woche streckten sie ihre Schnäbel schon weit aus dem Nest, sodass sie bei der Fütterung deutlich zu sehen waren. Nach zehn Tagen plusterten sich die Jungvögel schon auf und spazierten mutig am Rand des Nestes entlang. Zwei Küken waren deutlich zu erkennen, wenn sie ihren Flügelschlag für den ersten Ausflug übten. Zwei Wochen nachdem die Küken aus dem Ei geschlüpft waren, haben sie offensichtlich morgens zwischen sechs und sieben Uhr unbeobachtet ihr gemütliches Nest verlassen um in die Welt hinaus zu fliegen.
Um diese wunderbare Naturbeobachtung zu vertiefen, stellten wir den Jungen und Mädchen altersentsprechende Bilderbücher und Fotos zur Verfügung. Ein Vogelnest aus dem letzten Jahr sowie Amseln aus Plüsch mit eingebautem Vogelgezwitscher und täuschend echt aussehende, kleine, türkisfarbene Eier dienten als zusätzliches Anschauungsmaterial. Erfreut nahmen wir wahr, dass Kinder beim Bringen oder Abholen ihren Eltern das Nest zeigten und so ihr Interesse zum Ausdruck brachten. Valentin aus der Löwengruppe führte seine kleinen Geschwister zum Vogelnest und machte sie verantwortungsbewusst darauf aufmerksam, dass sie nach dem Anschauen wieder leise zurückgehen müssen um die Vögel nicht zu stören.
In der Krippe staunten auch unsere Jüngsten am Bildschirm über das Geschehen rund um das Vogelnest
„Des ist meine Mama und des bin ich“, erklärte Matteo (3 Jahre) mit feiner, liebevoller Stimme und zeigte auf den großen Vogel und das Küken. „Da Vogel“, rief Niklas (2 Jahre) beim Ankommen in der Gruppe sobald er den Vogel auf dem Bildschirm entdeckte und lachte vor Freude, wenn die Vogelmama ihre Küken fütterte. Noah (1,5 Jahre) besuchte täglich auf dem Weg zum Garten die Vögel im Kinderwagenabstellraum und zeigte mit einen fortdauernden „Mm! Mm“!, auf das Nest hoch oben unterm Dach. Wenn er draußen im Garten Vögel sieht, macht er uns stets auf seine Entdeckung aufmerksam.
Als ich in der Tigergruppe nachfragte, ob sie auch die Amsel beim Brüten beobachtet haben, sagten Liara, Mila, Marie, Marlie und Sophie fröhlich folgendes Gedicht auf:
„In der Hecke ist ein Ästchen,
baut der Vogel sich ein Nestchen.
Legt hinein zwei Eierlein,
brütet aus zwei Vögelein,
rufen ihre Mutter her, piep, piep, piep
gib uns Körner, gib, gib, gib!
In allen Gruppen tauschten sich die Kinder über das wunderbare Geschehen hoch oben im Nest aus. Die Kinder der Bärengruppe berichteten, dass sie zuhause auf dem Balkon, im Wald und in einer Hütte schon Vogelnester gesehen haben. Ein Kind wusste: „Der Storch baut auf dem Dach sein Nest“. Sie erzählten von Wüstenbussard und erklärten, dass Adler Greifvögel sind und Nester oben gebaut werden müssen, denn „da sind sie sicher vor bösen Katzen“.
Amelie: „Die Vogelbabys reißen ihren Schnabel auf, wenn die Mama kommt“.
Nora: „Die Mutter fliegt weg. Die hat Futter geholt“.
Johann: „Ich habe Würmer gesehen, die bei ihr im Schnabel gehängt sind“.
Pius: „Ich habe gesehen, wie die Vogelmama die gefüttert hat“.
Lona: „Ich habe Geräusche gehört. Die haben so piep piep gemacht“.
Amelie: „Die Vögel haben gar nicht so viel Platz im Nest – die müssen sich da ganz
schön quetschen“.
Theo: „Vielleicht hat die Mama das übrige Ei vergessen zu brüten“.
Die „Löwenkinder“ berichteten:
– Die Amsel hat sich durch uns nicht stören lassen
– Die Vogelmama ist über unseren Köpfen weggeflogen, als wir mit den Fahrzeugen
gefahren sind. Da bin ich erschrocken.
– Jetzt müssen die Vogelbabys noch fliegen und landen üben und wie man einen
Wurm findet
– Meine Oma hat auch Nester, da war eine Katze dran
– Mein Opa hatte mal eine Amsel, da habe ich Fotos gesehen
Folgende heimische Vogelarten zählten die vogelkundigen Jungen und Mädchen auf: Kohlmeise, Buntspecht, Blaumeise, Star, Drossel, Rotkehlchen, Rabe, Amsel, Kuckuck und Rotschwanz.
Beim Malen und Gestalten vertieften die Kinder ihre Erlebnisse rund ums Thema „Vogel“. Wunderschönen Vogelbildern und gebastelte Vögeln in allen Farben sind in der Kita zu bestaunen.
Nachdem die jungen Amseln ausgeflogen sind, dient ihr verlassenes Nest nun als Anschauungsmaterial. Auf die Frage, welches Material die Amsel für den Nestbau verwendet hat, zählten die Kinder auf: „Stöcke“, „Äste“, „Blätter“, „Gras“ und „Moos“. Sie hatten sich das Nest offensichtlich genauer angeschaut.