Am Mittwoch, den 10.05.2023 fanden sich um 19 Uhr zahlreiche Eltern, Kollegen und Kolleginnen ein, um dem äußerst herzerfrischenden und informativen Vortrag von Herrn Klaus Kratzer zu lauschen. Die Turnhalle unserer Kita war brechend voll, was erahnen ließ, dass das Thema uns alle angeht, müssen doch Eltern gleichermaßen wie professionell Erziehende immer wieder klare Grenzen ziehen und auch Konsequenzen aussprechen und einfordern.
Herr Kratzer stellte sich zunächst in seiner unverwechselbaren, humorvollen Art vor und erzählte von seiner jahrzehntelangen Tätigkeit als Polizist und Suchtberater bei der Polizei. Zudem verwies er auf das von ihm geschriebene Buch „Hätte Rotkäppchen mal den Klaus Eisbär gefragt oder wie aus Kindern starke Erwachsene werden“, das sehr praxisnah geschrieben ist und wertvolle Tipps für Eltern und Erziehende liefert. Uns hier in der Kita ist Herr Kratzer außerdem bekannt als Kursleiter der Selbstbehauptungskurse für unsere Vorschulkinder, die stets gut besucht sind und von den Kindern positiv wahrgenommen werden.
Gleich am Anfang stellte Herr Kratzer fest, dass Grenzen setzen für Erziehende Stress bedeutet, da der Mensch von Natur aus nach Harmonie lechzt. Doch müssen Proteste der Kinder ausgehalten und ertragen werden. Je jünger die Kinder sind, desto enger sollte der Rahmen sein, in dem sie sich bewegen können, ohne dabei Grenzen zu verletzen. Obwohl unsere Kinder versuchen, Grenzen zu umgehen, bedürfen sie derer ganz dringend, ja, sie „schreien regelrecht danach“! Nehmen wir als Erwachsene in diesen Situationen unseren Erziehungsauftrag nicht ausreichend wahr, nötigen wir das Kind, NOCH drastischer nach Grenzen zu suchen. Doch werden Kinder GRENZENLOS groß, hat das fatale Folgen, bis hin zu Süchten verschiedenster Art, die die Leere, die bei der Suche nach nicht gezogenen Grenzen entsteht, ausfüllen sollen. Es ist kein Geheimnis, dass Süchte wie Spielsucht o.ä. auf dem Vormarsch sind. Daher muss die erforderliche Vernunft von den Erwachsenen kommen, selbst dann, wenn unsere Kinder genau wissen, wie sie uns „kriegen und weichkochen können“. Wir als Eltern und Erziehende müssen reagieren und eingreifen. Wir alle sollen den Kindern etwas zutrauen, aber auch zumuten Dabei dürfen wie sie aber nicht alleine lasse. Oft haben wir zu wenig Zeit für die Kinder. Unser schlechtes Gewissen diesbezüglich darf jedoch unter keinen Umständen dazu führen, dass wir an den falschen Stellen nachgeben und unkontrollierte Freiräume geben.
In einem weiteren Schritt appellierte Herr Kratzer an uns Erwachsene, dass wir den Mut aufbringen sollen, uns auch manchmal unbeliebt zu machen bei unseren Kindern, die oft erst nach geraumer Zeit die Gründe unserer Grenzsetzungen verstehen. Doch ist es notwendig, dass Kinder die Grenze erfahren und auch lernen, etwaige Ungerechtigkeiten aus- und durchzuhalten. Unumstößliche Voraussetzung für gelingende Erziehung und Grenzsetzung ist die Einigkeit in der Erziehung (bei Eltern, im Gruppenteam der Kita, im Lehrerkollegium) sowie eine klare Linie, ohne dabei tyrannisch oder böse zu sein. Wir sollen zwar stets versuchen, unsere Gründe der Grenzsetzung zu kommunizieren, aber gleichzeitig nicht in endlose Diskussionen verfallen, sondern manche Grenzen als gegeben vorgeben. Konsequenzen dürfen nicht willkürlich ausgesprochen werden, sondern stets im Zusammenhang mit der Grenzverletzung stehen. Generelle harte Verbote helfen nicht, aber maßvolle und zielgerichtete Grenzen fördern langfristig die positive Selbstwahrnehmung des Kindes, die Beziehung zwischen Kind und Erziehendem und beugen zudem Süchten vor. Dringend zu vermeiden ist es, dem Kind alles abzunehmen. Mehr Selbstständigkeit macht Kinder stabiler und belastbarer.
Herr Kratzer thematisierte auch die momentanen Erwartungen von manchen Eltern und der Gesellschaft, denen zur Folge jeder es haben will, das perfekte, fest im Leben stehende, intelligente, gutaussehende, sportliche, beliebte, erfolgreiche und mit gutem Benehmen ausgestattete Kind. Diesen Ansprüchen kann ein Kind nicht gerecht werden! Wir dürfen die Messlatte nicht zu hoch hängen! Unser Geschenk an das Kind ist, es so anzunehmen wie es ist und es gibt nun einmal verschiedenste Temperamente, Charaktere und Typen, wie z.B. den „Spätzünder“ und den „Überflieger“.
Herr Kratzer appellierte vehement an uns alle, uns wieder einzumischen und nicht wegzuschauen, sondern wahrzunehmen, was um uns herum geschieht. Zivilcourage zählt!!!
Er griff des Weiteren den Gedanken auf, wieder mehr untereinander zu kooperieren. Eine gelungene Kooperation von Elternhaus, Kita und Schule birgt gute Chancen für das Kind.
Positiv bestärkt und gut unterhalten verließen viele Zuhörende den zweistündigen Vortrag, für den wir uns sehr bei Herrn Kratzer bedanken!!!