Geschlecht ist nicht etwas, was wir haben, schon gar nicht etwas, was wir sind. Geschlecht ist etwas, was wir tun.“ (Mühlen Achs 1998)
Die Entscheidung, ob ein Kind ein Mädchen oder ein Junge wird, wird von der Natur gefällt. Was es bedeutet, männlich oder weiblich zu sein, ist hinge-gen weitgehend beeinflusst von der jeweiligen Kultur und Gesellschaft, in der ein Kind aufwächst und den damit verbundenen geschlechterspezifischen Erfahrungen.
Ausgangslage aller pädagogischen Handlungen und Überlegungen ist ein Gedanke, nämlich: Welche Kompetenzen, Verhaltensmuster und Haltungen brauchen Kinder für zukünftige Aufgaben unserer Gesellschaft, um gut gerüstet Chancen und Herausforderungen annehmen zu können?
Für alle Mädchen und Buben gilt, sie sollen unabhängig von ihrem biologischen Geschlecht ihre Fähigkeiten und Interessen entwickeln können. Mädchen wie Buben werden auch in untypischen Verhaltensweisen akzeptiert und gefördert. Es geht nicht darum, aus Mädchen „halbe Jungen“ und aus Jungen „halbe Mädchen“ zu machen. Es geht vielmehr darum, einengende Klischees zu erkennen, ihnen gegenzusteuern, die Kinder in ihrem gesamten Spektrum wahrzunehmen und in ihrer Entwicklung ganzheitlich zu fördern.
Kinder erleben in ihrer Familie und ihrer Lebensumwelt Rollenbilder von Mann und Frau. Diese unterschiedlichen Prägungen und Erfahrungen bringen Mädchen und Buben alltäglich mit. Für die Planung des Kita-Alltags bedeutet dies nun, mit großer Feinfühligkeit Bedürfnisse wahrzunehmen, zum Thema zu machen und achtsam auf Zuschreibungen und Rollenklischees zu sein.
Eine Grundaufgabe ist, dass Mädchen wie auch Buben zu allen Bildungsbereichen gleichermaßen Zugang geschaffen wird. Verkleidungsmaterialien für Rollenspiele werden Mädchen und Buben gleichermaßen zur Verfügung gestellt. Auch beim Nachspielen von Geschichten dürfen Mädchen männliche Rollen übernehmen (z.B. St. Martin oder Nikolaus) und Buben „verwandeln“ sich mitunter als Prinzessinnen. In der „Bauecke“ gibt es auch Materialien, die Mädchen zum räumlichen Gestalten.
einladen. Bewegungsmöglichkeiten im Freien wie auch „Indoor“ sind ideal, Mädchen und Buben vielfältige Ausdrucksformen und Bewegungsmuster ausprobieren zu lassen. Fußballspielen oder Tanzen – Mädchen wie Buben soll die Umgebung geschaffen werden, auch „untypische“ Aktivitäten in einem wertschätzenden Rahmen zu erleben. Bei Bilderbüchern lässt sich mittlerweile auf eine große Bandbreite von guter, geschlechtssensibler Literatur zurückgreifen: Väter, die mit Kindern kochen, Frauen, die täglich arbeiten gehen oder Mädchen, die Fußball spielen und sich kräftemäßig mit anderen Kindern messen, Buben, die kreativ tätig sind und auch weinen dürfen. Diese Geschichten und Identifikationsfiguren brauchen Kinder, um ihren Handlungsspielraum zu erweitern.
Bildungsprozesse können nur im Austausch mit der Umwelt vollzogen wer-den. Wenn für Mädchen und Buben eine Umgebung geschaffen wird, in der sie durch entdeckendes Lernen, Lernen am Modell oder Lernen im Spiel ständig neues Wissen und Erfahrungen gewinnen können, erweitert dies ihre eigenen Handlungskompetenzen.
Wie können Erwachsene einen Beitrag zur geschlechtersensiblen Erziehung leisten:
- – Sich selbst hinterfragen: Was bin ich selbst bereit dazu beizutragen, dass beide Geschlechter – egal wie jung oder alt sie derzeit sind – sich frei entfalten zu können?
- – Auf und abwertendes Schimpfen, auf Respektlosigkeit oder einseitige Bevorzugung des eigenen oder anderen Geschlechts verzichten.
- – Jungen und Mädchen erhalten den gleichen Zugang zu techniknahem Spielmaterial.
- – Bilder- und Kinderbücher, in denen Frauen überwiegend in traditionellen Rollendarstellungen, Jungen ausschließlich als mutig und Mädchen als schmückendes Beiwerk dargestellt werden, kritisch betrachten
- – Mädchen unterstützen, kraftvolle Sportarten auszuprobieren und Jungen die Freude am Ballett nicht durch abwertende Äußerungen verderben.
- – In Partnerschaften beteiligen sich Männer und Frauen an der Arbeitsteilung im Haushalt.