Das fordert Prof. Berthold Koletzko, Leiter der Abteilung für Stoffwechsel und Ernährung für Kinder und Jugendliche des Hauner’schen Kinderspitals in München.
In der Tat ist Fruchtsaft viel bedenklicher, als vielen Eltern bewusst ist. Dennoch gehen immer viele davon aus, dass Obst gesund ist und dementsprechend auch das Safterzeugnis.
Obst stellt ein kau-aktives Lebensmittel dar, das die Bildung von Speichel anregt, die Kaumuskulatur stärkt und die mechanische Reinigung der Mundhöhle begünstigt. Es enthält viele wichtige Vitamine und Nährstoffe für den Körper und sollte Bestandteil einer gesunden Ernährung sein.
Warum ist Fruchtsaft aber schädlich?
- Es fehlen wichtiger Faserstoffe ebenso wie Ballaststoffe die für eine gesunde Verdauung wichtig sind.
- Er führt zu Gewohnheit, sodass es nur noch schwierig ist, Kinder wieder an Wasser zu gewöhnen.
- Er enthält ähnlich hohe Mengen an Zucker wie Softdrinks und begünstigt somit Übergewicht.
- Er enthält zusätzlich Fruchtsäure, die den Zahnschmelz angreift.
- Er umspült die Zähne und führt zu Karies und Säureschäden an den Zähnen.
Fruchtsaft enthält also enorm viel Zucker. Dieser ist sowohl für die gesamte Ernährung, als auch für die Zähne schädlich. Schauen wir uns die Nährwerttabelle von Apfelsaft näher an, kann folgendes Beispiel Klarheit schaffen.
Auf 100 ml enthält reiner Apfelsaft 10 gr Zucker (ca. 3,5 Würfelzucker) . Das bedeutet, auf ein normales Glas mit 200 ml beinhaltet reiner Apfelsaft ca. 7!! Würfelzucker. Nun höre ich in meiner Tätigkeit als Zahnärztin immer wieder das Argument, dass die Säfte stark verdünnt würden.
Aber auch hier wieder ein Beispiel. Würde man ein normales Glas mit 200ml aus einem Viertel Saft und drei Viertel Wasser mischen, wären es also 50 ml reiner Saft und 150 ml Wasser. Das Glas hätte somit noch immer knapp 2 Würfelzucker. Ein ca. 3 jähriges Kind mit 15 kg Körpergewicht sollte auf Empfehlung der deutschen Gesellschaft für Ernährung 1,4 Liter trinken. Würde man nun ausschließlich verdünntes Schorle geben, hätte das Kind am Tag ca. 12 Würfelzucker zu sich genommen. Das sind 35 gr Zucker.
Die Empfehlung der WHO sind maximal 25 Gramm täglich. Nun kommen noch Honig, Marmelade, Wurst, Saucen etc. dazu. Die Tagesdosis ist somit schnell überschritten.
In den Fruchtsäften, die wir kaufen, sind natürlich keine zugesetzten Zucker. Die Fructose, also der Fruchtzucker, wird ähnlich wie die Saccharose (Haushaltszucker) zu Glucose umgesetzt. Natürlich enthält das Obst selbst auch Fructose.
Für einen Liter Apfelsaft benötigt man jedoch ca. 10 Äpfel. Diese Anzahl wäre zum Essen wohl kaum zu schaffen.
Aber warum schadet Zucker eigentlich den Zähnen?
Zucker schadet den Zähnen nicht direkt. Er dient den Bakterien, die in den Zahnbelägen sind, als Nahrung. Bei Zuckerzufuhr bilden die Bakterien eine Säure und diese greift dann die Zahnsubstanz an, und es entsteht eine Karies.
Je länger also die Bakterien Säure bilden und somit auf den Zahn einwirken können, umso höher ist das Kariesrisiko.
In den nahrungsfreien Pausen kann der Speichel die durch die Säure verloren gegangenen Mineralstoffe wieder einbauen. Man spricht von der sogenannten Remineralisation der Zähne.
Findet allerdings eine ständige Zuckerzufuhr durch Fruchtsäfte statt, so wird der Speichel verdrängt und die Bakterien produzieren weiterhin die schädlichen Säuren und das unabhängig von der tatsächlich aufgenommenen Menge Zucker.
Somit wird klar, dass es nicht nur auf die Gesamtmenge, sondern insbesondere auf die Häufigkeit und die Dauer des Zuckerkonsums ankommt.
Wer nun glaubt, es sei irrelevant, wenn die Milchzähne Karies bekommen, da diese sowieso ausfallen, liegt falsch. Milchzähne dienen der Sprachentwicklung, der Nahrungsaufnahme und dienen als Platzhalter für die bleibenden Zähne.
Bekommen Milchzähne Karies, müssen aufwendige zahnärztliche Behandlungen stattfinden. Auf Grund der oftmals eingeschränkten Kooperationsfähigkeit der Kinder finden diese Behandlungen unter Vollnarkose statt.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass man nicht gänzlich auf Zucker verzichten muss, um die Zähne zu schützen, sondern dass man die Häufigkeit der Aufnahme reduziert, indem man die Anzahl zuckerhaltiger Zwischenmahlzeiten reduziert.
Ein Glas Apfelsaft sollte also eine Besonderheit in der Ernährung darstellen und nicht generell als Durstlöscher genutzt werden.
Zahnärztin Dr. Reiber